Religion als wissenschaftlicher Gegenstand im Verhältnis zur religiösen Selbstbeschreibung

Die Kognitionswissenschaft stellt die elementare Bedeutung von Analogien heraus (Hofstadter/Sander 2013), insbesondere die Relevanz der „conceptual blending“ (Fauconnier/Turner 2002). Da Analogien „zur Bestimmung des Unbekannten aus dem Bekannten“ dienen (Track 1978: 644), können sie Erkenntnisgrenzen überbrücken. Aber nicht nur psychische Kognition, sondern auch gesellschaftliche Kommunikation inklusive Religion und Wissenschaft arbeitet mit Analogien. Der mit dem vorgeschlagenen Projekt zu entfaltende Ansatz gründet in diesem Prinzip, und ebenso wird sein Objekt, nämlich die Entstehungs- und Funktionsweise der Religion, mit diesem Prinzip bestimmt. Sowohl die Religionsforschung als auch ihr Gegenstand fußen – wenn auch mit kategorial verschiedenen Ausgangs- und Bezugspunkten – auf dem Prinzip der Bildung von Analogien. Religiöser Sinn speist sich aus anderen gesellschaftlichen Sachverhalten durch die Bildung von Analogien und überführt entsprechende Information in den religionseigenen Code. Ebenso erfolgt die wissenschaftliche Beobachtung von Religion qua Analogien, die in den systemspezifischen Code der Wissenschaft überführt werden. Mit der Oszillation von analoger und digitaler Informationsverarbeitung (Bateson 1987 [1972]: 213; Luhmann 1997: 101) ist es möglich, Korrespondenzen zwischen der wissenschaftlichen Fremdbeschreibung (Beobachtung zweiter und dritter Ordnung) und der religiösen Selbstbeschreibung (Beobachtung erster und zweiter Ordnung) zu erzeugen, ohne die kategoriale Differenz zwischen Wissenschaft und Religion zu nivellieren.

Literaturangaben